Schreibe ich ein bis zwei Jahre an einem Roman, dann habe ich mir schon früh Gedanken gemacht über einen Buchtitel. Der Titel begleitet mich oft eine lange Zeit – von der ersten Idee über die Planung und das Schreiben bis hin zur Veröffentlichung. Am Ende fällt es mir schwer, nach so vielen Monaten einen Buchtitel loszulassen und mich an etwas Neues zu gewöhnen. Doch meist führt kein Weg daran vorbei und dafür gibt es gleich mehrere, gute Gründe.
Der Buchtitel für die Bewerbung bei Agenturen und Verlagen
Wenn Sie ein Buch schreiben und nach Fertigstellung des Manuskripts ihr Buch einer Agentur oder einem Verlag anbieten, dann fällt der erste Blick der Agent*in oder Lektor*in auf den Titel – und der erste Eindruck muss sitzen. Denn Titel und Kurzbeschreibung eines Manuskripts entscheiden darüber, ob Sie das Interesse wecken können und andere sich die Mühe machen, Ihr Exposé und Ihre Leseprobe durchzulesen. Das gilt natürlich nicht nur, wenn Sie einen Roman schreiben, sondern auch, wenn Sie ein Kinderbuch schreiben.
Dabei muss der Titel gleich mehrere Dinge leisten:
- Der Buchtitel muss zum Genre passen. Ein Krimi mit dem Titel „Die Romanze eines langen Sommers“ wird wohl ebenso wenig auf Interesse stoßen wie ein Science-Fiction mit dem Titel „Der Friesenmörder“. Natürlich sind das sehr plakative Beispiele, dennoch zeigen sie, dass es sich lohnt, einen für das Genre passenden Titel zu wählen.
- Der Buchtitel muss einerseits zum Genre passen und trotzdem ungewöhnlich, einzigartig und ausgefallen sein. Handelt es sich um das x-te Manuskript mit dem Titel „Küstenkrimi“, das eine Agentur auf dem Tisch hat, dann entsteht schnell der Eindruck, dass der Inhalt ebenso verwechselbar und beliebig ist wie der Titel.
- Der Buchtitel muss zum Inhalt passen. Es macht keinen Sinn, einen Titel wie „Inselzauber“ zu wählen, wenn im Roman eine Insel keine Rolle spielt.
- Der Buchtitel muss neugierig machen. Beispielsweise sind Titel wie „Der Augensammler“ und „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ unverwechselbar und wecken Interesse für das Buch.
Der Buchtitel als Vermarktungsinstrument
Doch die Bewerbung bei einer Agentur oder einem Verlag ist nur die erste Hürde, die ein Buchtitel zu nehmen hat. Habe ich es geschafft, für mein Manuskript einen Verlag zu finden, dann geht die Namensgebung in die nächste Runde. Denn die Verlage haben eine eigene Meinung dazu, wie sie einen Buchtitel finden. Das hat weniger mit Geschmack und mehr mit Vermarktung zu tun. Denn ein Buchtitel ist neben dem Cover eines der wichtigsten Vermarktungsinstrumente für ein Buch. Und ein Verlag möchte natürlich für ein neues Buch die optimalen Verkaufsbedingungen schaffen.
Die Angestellten eines Verlags sind Buchprofis, die genau wissen, wie man Bücher verkauft. Deshalb achten sie sehr genau darauf, welcher Titel auf dem Cover steht. Sie verlassen sich nicht auf die Vorschläge der Autor*innen. Ich muss also damit rechnen, dass mein Buch am Ende mit einem ganz anderen Titel im Regal steht als der, den ich ursprünglich vergeben habe. In den Autorenverträgen finden sich Klauseln wie „Die Autorin und der Verlag einigen sich auf einen Titel, der Verlag hat das letzte Wort“. Ich kann zwar ein Veto gegen den Wunschtitel des Verlags einlegen, doch ich kann mich nicht darauf verlassen, dass der Verlag auf mich hört.
Zusammen mit dem Cover entscheidet ein Buchtitel darüber, ob Leser*innen sich die Mühe machen, den Klappentext des Buches zu lesen. Also muss der Titel die richtigen Signale senden: Er muss zum Genre passen und dennoch unverwechselbar sein und neugierig machen. Der Titel muss also nicht nur die Buchprofis überzeugen, sondern vor allem die Leser*innen. Da spielt neben dem Genre auch der Trend eine gewisse Rolle: Wie heißen derzeit die Bestseller des Genres? Die Modewelle geht von Titeln mit nur einem Wort über Titel aus Halbsätzen oder ganzen Sätzen und wieder zurück zu Titeln mit nur einem Wort. Passt der Titel zum Trend, ist es das erste Signal, dass es sich um ein aktuelles Buch handelt.
Für manche ist die Versuchung groß, lediglich den Namen der Hauptfigur auf das Cover zu schreiben. Doch der Name einer Figur als Vermarktungsinstrument funktioniert erst später, wenn das Buch oder die Bücher bereits ein großes Publikum erreicht haben. Dann steht die Figur stellvertretend für eine mehrbändige Reihe: Harry Potter, Pippi Langstrumpf oder James Bond. Doch solange das Buch, die Hauptfigur und die Autorin noch gänzlich unbekannt sind, ist ein Name auf dem Cover völlig nichtssagend – er verrät nicht einmal, um welches Genre es sich handelt: Kinderroman, Jugendbuch oder Actionthriller?
Natürlich spielt bei der Vermarktung auch das Cover als visueller Blickfang eine große Rolle. Genau wie der Titel muss auch das Cover zum Genre passen, einzigartig sein und neugierig machen auf das Buch. Der Verlag hat sowohl beim Titel wie auch beim Cover das letzte Wort. Denn nur wenn der Titel gemeinsam mit dem Cover gut funktioniert, kann der Verlag das Buch gewinnbringend vermarkten.
Deshalb wird in Verlagen oft lange diskutiert:
- Was liegt derzeit im Trend?
- Passen Titel und Cover optimal zusammen?
- Ist der Titel noch zu lesen auf briefmarkengroßen Abbildungen bei Amazon & Co?
- Ist der Titel verständlich, aussagekräftig und lässt keine falschen Interpretationen zu?
- Gibt der Titel eine erste Idee, wovon das Buch handelt?
Der Buchtitel als Kaufanreiz
Hat das Buch es endlich in den Handel geschafft, dann steht es in einem Regal, liegt auf einem Verkaufstisch oder taucht nach der Suchanfrage im Webshop auf. Dann müssen Titel und Cover unter Beweis stellen, dass sie Leser*innen ansprechen können. Sie müssen vor allem unter Beweis stellen, dass sie die „richtigen“ Leser*innen ansprechen. Ein Buch mit einem Titel, der einen humorvollen Landhauskrimi vermuten lässt und sich dann als Thriller mit gewalttätigen Szenen entpuppt, wird es nicht weit schaffen. Denn Leser*innen humorvoller Landhauskrimis, die zu diesem Titel gegriffen haben und entsetzt feststellen müssen, dass sie mehr Gewalt geschildert bekommen, als sie sich je freiwillig zugemutet hätten, werden ihre Enttäuschung durch negative Rezensionen und Bewertungen kundtun. Schließlich haben sie Geld ausgegeben für ein Buch, das sie nicht zu Ende lesen mögen. Dabei gibt es genug Leser*innen für Thriller – Cover und Titel müssen es nur schaffen, genau diese Leserschaft anzusprechen und nicht andere, die sich auf einen gemütlichen Krimi-Spaß gefreut haben.
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Der Buchtitel als rechtliche Stolperfalle
Auch Autor*innen, die ihre Bücher selber veröffentlichen, achten darauf, dass ihre Titel diese Anforderungen erfüllen. Schließlich wollen sie ihre Bücher nicht nur schreiben, sondern auch verkaufen. Auch sie müssen wie Verlage entscheiden, welcher Titel und welches Cover genau die richtigen Leser*innen ansprechen, um möglichst viele Exemplare zu verkaufen.
Doch im Selfpublishing gilt es noch einen weiteren Aspekt zu berücksichtigen: die rechtliche Situation. Denn Buchtitel sind urheberrechtlich geschützt. Es darf keine zwei Bücher mit demselben Titel geben. Auf der Suche nach dem richtigen Titel müssen die Autor*innen recherchieren, ob es nicht bereits ein anderes Buch mit dem gewünschten Titel gibt. Diese rechtliche Absicherung leisten bei Verlagsbüchern üblicherweise die Verlage. Im Selfpublishing müssen die Autor*innen selber dafür sorgen, dass sie mit ihrem Titel die Rechte anderer nicht verletzen – sonst könnte es am Ende teuer für sie werden.
Der Buchtitel als emotionaler Aufhänger und Motivationshilfe
Ganz zu Beginn der Planung und des Schreibens wählen die meisten Autor*innen einen Titel, der sie selber begeistert und vielleicht auch bei der Stange hält in Phasen des Zweifels, ob es wirklich Menschen gibt, die dieses Buch lesen mögen. Wenn Sie ein Buch schreiben, sollten Sie sich deshalb zunächst für einen Titel entscheiden, der vor allem Ihnen richtig gut gefällt – ohne auf Vermarktung und Kaufanreiz zu schielen.
Doch Sie sollten sich darüber im Klaren sein, auch wenn Sie sich an einen Titel gewöhnt haben, dass es später gute Gründe geben kann, den Titel zu ändern – entweder von Ihnen, wenn Sie auf eigene Faust veröffentlichen, oder von Ihrem Verlag.
Vielen Dank für einige nützliche Hinweise, die mir nach 4 Jahren des Schreibens noch nicht bekannt waren.
Liebe Frau Dr. Hussmann,
danke für diese Erinnerung! Nicht nur das, was Sie schreiben, ist von Bedeutung, sondern daneben auch die Überlegung, wie ich meinen Titel “verpacke”, wenn ich mein Manuskript Verlagen vorstelle bzw. vorstellen möchte. Daher habe ich es mir zur Angewohnheit gemacht, im Exposé meinen Wunschtitel als Arbeitstitel zu bezeichnen. So signalisiere ich dem Verlag Kooperationsbereitschaft und beuge einer Enttäuschung vor für den Fall einer Abweichung. Übrigens haben Sie treffend die Überlegungen zusammengefasst, die ich mir für meinen Debütkrimi gemacht hatte, und so erscheint er nun im Juni unter meinem Wunschtitel – ohne Wenn und Aber oder Nachfragen seitens des Verlags. Nur beim Untertitel musste ich ein kleines Missverständnis klären. Und der Coverentwurf durch den Verlag könnte nicht passender sein!
Viele Grüße
Michael Kothe, Autor
Übersichtlich, informativ, pragmatisch gedacht und geschrieben :-)