Vor mehr als dreißig Jahren arbeitete ich an meinem ersten Roman. Damals habe ich mir noch keine Gedanken über eine spätere Veröffentlichung gemacht. Warum auch?
Denn ich war zu Beginn mit den elementarsten Fragen beschäftigt: Wie macht man das überhaupt? Wie wird aus einer ersten Idee ein gut durchdachter Roman? Was kann ich tun, damit es gut wird? Mögen andere meinen Roman überhaupt lesen? Wie schaffe ich es, meinen Roman zu Ende zu bringen?
Als ich eines Tages meinen Roman beendet hatte (YEAHH!), fing ich an, mir Gedanken über die Veröffentlichung zu machen. Erst schreiben, dann über Veröffentlichung nachdenken, so mein Ansatz damals. Das war für mich ganz logisch, denn wenn ich den Roman nicht zu Ende geschrieben hätte, warum sollte ich dann über eine Veröffentlichung nachdenken? Also.
Zu dem Zeitpunkt hatte ich ungefähr zwei Jahre an meinem Roman gearbeitet. Das fertige Manuskript habe ich mehreren Verlagen angeboten – um erst dann zu erfahren, dass kein Verlag meinen Roman haben wollte. Weil er die Erwartungen des Buchmarkts nicht erfüllte.
Das hat mir gezeigt: Nach Fertigstellung eines Manuskripts ist es zu spät, sich Gedanken über eine Veröffentlichung zu machen.
Mein erster Roman hat gleich mehrere Erwartungen des Buchmarkts nicht erfüllt, das weiß ich heute. Beispielsweise passte er in keine Genre-Schublade, erfüllte also nicht die typischen Erwartungen an ein Genre. Also habe ich nie einen Verlag für meinen Erstling gefunden.
Muss man das eigene Manuskript den Erwartungen des Buchmarktes unterordnen, um veröffentlichen zu können? Nein, muss man nicht.
Doch Sie sollten schon frühzeitig eine bewusste Entscheidung treffen: Entweder Sie erfüllen die Erwartungen des Buchmarktes, um Ihre Chancen zu verbessern, einen Verlag zu finden. Oder Sie erfüllen die Erwartungen nicht.
Egal, welche Entscheidung Sie treffen, ob Sie die Erwartungen des Buchmarktes erfüllen oder nicht: Es gehört zum Schreibprozess dazu, dass Sie sich über Ihre Möglichkeiten informieren und bewusste Entscheidungen treffen.
Wie finde ich einen Verlag?
Verlage sind wirtschaftlich tätige Unternehmen. Genau wie andere Unternehmen haben sie fixe Ausgaben: Miete, Gehälter und vieles mehr.
Das bedeutet: Verlage müssen mit den Büchern, die sie veröffentlichen, Geld verdienen. Das bedeutet auch: Ein Verlag wird ein Manuskript unter anderem danach beurteilen, ob es genug Umsatz bringen wird.
Um einen Verlag zu finden, sollte ein Manuskript nicht nur gut geschrieben sein, sondern auch gut zu verkaufen sein. Denn niemals sollte eine Autorin oder ein Autor Geld an den Verlag bezahlen. Doch damit das funktioniert, muss ein Verlag Geld mit den Büchern verdienen.
Deshalb wird immer eines der Kriterien, mit dem ein Verlag die Manuskripte prüft, die Wirtschaftlichkeit sein. Kann der Verlag das Buch in einer Auflagenhöhe verkaufen, so dass es die Kosten (wie z.B. Lektorat und Buchdruck) wieder einspielt?
Qualität ist nicht alles
Ein Manuskript muss also qualitativ gut sein und auf dem Buchmarkt einen gewissen Umsatz versprechen. Die meisten Schreibenden beschäftigen sich während der Planung und des Schreibens ihres Romans in erster Linie mit der Qualität. Ist auch gut so, denn wenn die Qualität nicht stimmt, hat das Manuskript nicht die geringste Chance.
Doch wenn die Qualität stimmt und das Manuskript trotzdem von den Verlagen abgelehnt wird, lohnt es sich für die Autor*innen, auch die Vermarktbarkeit ihrer Romane zu prüfen. Unter Umständen liefert der Inhalt des Romans die Antwort auf die Frage, warum Verlage kein Interesse daran haben. Verlage wollen schließlich Geld verdienen mit den Büchern, die sie herausbringen.
So ging es mir, als ich vor zwanzig Jahren auch mein drittes Manuskript nicht bei einem Verlag unterbringen konnte. Damals habe ich mich gefragt: Was kann ich tun, um für meine Romane einen Verlag zu finden? Schließlich wollte ich nicht weiterhin für die Schublade schreiben.
Bewusste Entscheidungen treffen
Also habe ich mich umgeschaut, welche Erwartungen ein Buch erfüllen sollte, um meine Chancen auf eine Veröffentlichung zu verbessern. Eines der wichtigsten Kriterien für Bücher des Mainstream: Sie müssen in eine bestimmte Genre-Schublade passen.
Da mein viertes Manuskript ein Krimi werden sollte, habe ich mich dann sehr ausführlich mit diesem Genre beschäftigt: Was wird von einem Krimi erwartet? Wie muss ein typischer Krimi geschrieben sein, damit es die Genre-Erwartungen des Buchmarktes erfüllt?
Ich lese schon immer gerne Krimis und hatte deshalb keine Probleme, mich mit den Erwartungen an dieses Genre intensiv auseinanderzusetzen. Dann habe ich die Entscheidung getroffen, bei meinem nächsten Manuskript alle Erwartungen an das Genre Krimi zu erfüllen – und wurde belohnt. Mein viertes Manuskript konnte ich beim Aufbau Verlag unterbringen, der es 2012 mit dem Titel „Die Glut des Bösen“ herausbrachte.
Muss man Erwartungen erfüllen?
Muss man die Erwartungen des Buchmarktes erfüllen? Nein, muss man nicht. Es gibt drei Möglichkeiten:
- Möglichkeit
Sie schreiben Ihr Herzensprojekt genau so, wie Sie es haben möchten. Wenn Sie nach Fertigstellung des Manuskripts Agenturen und Verlage ansprechen, müssen Sie unter Umständen damit leben, dass Ihr Herzensprojekt nicht die Erwartungen des Buchmarktes erfüllt und Sie keinen Verlag dafür finden. Das ist besonders bei reinen Herzensprojekten relativ häufig der Fall.
- Möglichkeit
Sie informieren sich vor dem Schreiben, was Agenturen und Verlage erwarten. Sie berücksichtigen bei Ihrem Herzensprojekt die Erwartungen, die Sie erfüllen können, ohne sich zu verbiegen. Schließlich stecken Sie viel Lebenszeit in Ihr Buch und es macht keinen Sinn, etwas zu schreiben, was Sie selber nicht gut finden.
- Möglichkeit
Sie entscheiden sich dafür, kein Herzensprojekt zu schreiben, sondern ein Buch, das sich bestmöglich vermarkten lässt. Sie erfüllen alle Erwartungen des Buchmarktes und haben so gute Chancen, einen Verlag für Ihr Buch zu finden.
Egal, wofür Sie sich entscheiden: Es gibt keine Garantie, dass Sie für Ihren Roman einen Verlag finden. Doch die Chancen stehen deutlich besser, wenn Sie sich für Möglichkeit zwei oder drei entscheiden.
Vielleicht haben Sie ja Glück und die zweite Möglichkeit kommt Ihnen entgegen: Sie merken, dass Sie mit Ihrem Herzensprojekt alle Erwartungen des Buchmarktes erfüllen können, ohne Anpassungen vornehmen zu müssen. Bingo! Doch selbst wenn Sie einige Anpassungen vornehmen: Wenn Ihr Buchprojekt dann immer noch dem entspricht, was Sie wirklich schreiben wollen – wunderbar! Auf diese Weise können Sie Ihr Herzensprojekt schreiben und haben die bestmöglichen Chancen, einen Verlag für Ihr Werk zu finden.
Sie brauchen keinen Verlag?
Aber natürlich können Sie Ihr Buch auch selber herauszubringen. Sie müssen nicht auf die Zusage eines Verlags warten, Sie können auf eigene Faust veröffentlichen. Das ist die gute Nachricht.
Die schlechte Nachricht: Sie haben mit den gleichen Problemen zu kämpfen wie die Verlage. Erfüllt Ihr Manuskript nicht die üblichen Erwartungen – passt es beispielweise nicht in eine bestimmte Genre-Schublade – wird es schwer mit dem Verkaufen. Ganz einfach deshalb, weil Ihr Buch nicht gefunden wird.
Der Buchmarkt
Genres dienen in erster Linie der Vermarktung. Ein typischer Krimi beispielsweise ist auf dem Buchmarkt gut zu platzieren. In den Buchläden passt er in die Regale auf denen „Spannung“ steht. In Web-Shops wird er den entsprechenden Kategorien zugeordnet und bei dem Suchbegriff „Krimi“ zusammen mit anderen Krimis ausgegeben.
Doch alle Bücher, die keinem klaren Genre zugeordnet werden können, gehen in der Masse unter. In den Webshops werden sie nicht gefunden, weil es keinen klaren Suchbegriff für sie gibt, und die Buchläden wollen sie nicht haben, weil sie in keines der Regale passen.
Diese Verkaufsstrategien auf dem Buchmarkt haben nichts mit der Qualität eines Manuskripts zu tun, sondern vor allem mit Sichtbarkeit. Bücher, die nicht gesehen werden, kann man nicht verkaufen.
Vermarktungsstrategie im Selfpublishing
Entscheiden Sie sich für Selfpublishing und Ihr Buch lässt sich keinem klaren Genre zuordnen, werden Sie vielleicht ein paar hundert Exemplare verkaufen: an die Familie, Freund*innen, Bekannte, Kolleg*innen.
Manchmal trägt ein absoluter Glücksfall dazu bei, dass ein Buch mehr Sichtbarkeit bekommt und viele Käufer*innen findet.
Doch wenn Sie nicht alles dem Zufall überlassen möchten, dann sollte Ihr Manuskript die üblichen Erwartungen des Buchmarkts erfüllen. Denn ein typisches Exemplar eines gerne gelesenen Genres hat größere Chancen, auch Menschen außerhalb des eigenen Dunstkreises zu erreichen.
Egal ob Verlag oder Selfpublishing
Das heißt, am Ende ist es egal, ob Sie sich für Ihren Roman einen Verlag wünschen oder ob sie ihn selber herausbringen möchten. Mit den Erwartungen auf dem Buchmarkt haben Sie in jedem Fall zu kämpfen.
Ich finde es wichtig, dass Sie bewusste Entscheidungen treffen. Doch das können Sie nur, wenn Ihnen die Konsequenzen Ihrer Entscheidungen klar sind.
Es lohnt sich also, dass Sie sich frühzeitig Gedanken machen, ob Sie die Erwartungen der Agenturen und Verlage erfüllen möchten, oder ob nicht. Am Ende entscheiden Sie, was Sie schreiben. Schließlich steht Ihr Name auf dem Cover :-)
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