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So vermeiden Sie Schreibblockaden

Eine der häufigsten Ursachen für Schreibblockaden ist Perfektionismus. Das kennen sicher viele von Ihnen und mir ist das ganz am Anfang auch einige Male passiert: Ich fing an zu schreiben und notierte die ersten drei oder vier Sätze einer Szene oder eines Kapitels. Dann hielt ich inne, betrachtete den eigenen Text und dachte – nein, das ist noch nicht gut genug, das kann ich besser. Ich löschte also diesen ersten Entwurf und fing von vorne an. Ich schrieb erneut drei, vier, fünf oder sechs Sätze. Dann las ich alles durch, was ich bisher geschrieben hatte – und dachte erneut: Nein, das ist nicht gut, das kann ich besser. Und wieder löschte ich alles. Auf diese Weise schrieb ich den Anfang eines Textes nochmal und nochmal und nochmal.

Die erste Fassung ist immer Mist

Ein paar Mal habe ich mich auf diese Weise direkt in eine Schreibblockade hineinkatapultiert. Doch heute passiert mir das nicht mehr. Denn eine meiner wichtigsten Erkenntnisse auf dem Weg zur Autorin war, dass der erste Entwurf niemals gut ist. Aber wir müssen einen ersten Entwurf schreiben, um damit weiterarbeiten zu können. Nur so kommen wir überhaupt ins Schreiben. Sonst bleiben wir in dieser Endlosschleife hängen: schreiben – löschen – schreiben – löschen – schreiben…

Eines der berühmtesten Zitate über das Schreiben stammt von Ernest Hemingway: Die erste Fassung ist immer Mist. Damit hat Hemingway diesen Prozess beschrieben, wie wir es schaffen, einen guten Roman zu schreiben: Wir müssen uns zugestehen, dass wir zunächst einen schlechten Text schreiben – einen schlechten Romananfang, eine schlechte Szene, ein schlechtes Kapitel. Denn nur auf diese Weise entsteht ein erster Entwurf, den wir überarbeiten können.

So entstehen gute Texte

Erst durch das Überarbeiten wird aus dem schlechten Text ein besserer Text und aus dem besseren Text kann in weiteren Überarbeitungsschritten ein richtig guter Text, ein richtig guter Roman werden. Doch am Anfang steht ein erster mieser Rohentwurf. Denn niemand, wirklich niemand, schreibt aus dem Stand einen richtig guten Text – egal wie viel Erfahrung mit dem Schreiben, ob hochdekoriert oder noch ganz am Anfang.

Als ich vor dreißig Jahren endlich aufgehört habe mit dem Löschen und angefangen habe, wirklich einen Roman zu schreiben, produzierte ich eine Menge Blödsinn. Aber das war in Ordnung. Denn heute weiß ich: Weil ich drangeblieben bin und meinen Text immer weiter überarbeitet habe, wurde er allmählich besser. Damals habe ich etwa 10 Prozent meiner Zeit für das Schreiben einer ersten, schlechten Fassung gebraucht und 90 Prozent für das Überarbeiten.

Heute, nach etlichen Veröffentlichungen und mehr als 30 Jahren Erfahrung mit dem Schreiben von Romanen, hat sich mein Arbeitsstil nur wenig verändert. Grob geschätzt benötige ich heute rund 30 Prozent meiner Zeit für das Verfassen eines ersten Entwurfs und 70 Prozent für das Überarbeiten.

Wir brauchen eine erste schlechte Rohfassung

Die meisten Menschen, die Romane schreiben, arbeiten auf diese Weise. Auch Ernest Hemingway hat so gearbeitet und viele andere Autor*innen berichten von einer ähnlichen Vorgehensweise. Deshalb kann ich alle, die einen Roman schreiben möchten, nur ermutigen: Erlauben Sie sich, einen ersten schlechten Rohentwurf zu schreiben – Ihre erste Szene, Ihr erster Romananfang. Natürlich wollen wir alle etwas Gutes schreiben. Aber der Weg zu einem guten Roman führt unweigerlich über eine erste schlechte Fassung. Nur so können wir es schaffen, endlich ins Schreiben zu kommen.

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